Das Input mit den drei Themenschwerpunkten „Kostenfreies Essen an Kitas und Schulen“, „Gleiche Startbedingungen durch Bildungsgerechtigkeit“ und die „Subventionierung von Kultur- und Freizeitangeboten für alle Generationen“ gab Jörn Mensching, kommissarischer Leiter des AWO Büro KINDER(ar)MUT. Dass es hierbei an „allen Ecken und Enden hakt“, wurde sehr schnell deutlich.
„Wenn immer mehr Familien aufgrund ihres Einkommens ihre Kinder vom Schulessen abmelden, kann der Bildungsauftrag, der damit einhergeht, nicht mehr erfüllt werden“ mahnte Franziska Löffler vom AWO Büro KINDER(ar)MUT. Philipp Juhasz von Wildwuchs Streetwork sieht die Folgen von Hunger bei Jugendlichen in seiner Arbeit nochmal weiterführend auf der Straße. „Durch die Konzentrationsunfähigkeit meiden immer mehr Jugendliche die Schule. Hunger kann zu Kriminalität führen.“ Dass zunehmend mehr Familien ihre Kinder vom Schulessen abmeldeten, liege jedoch nicht nur an den gestiegenen Kosten, schon gar nicht am Unwillen der Eltern. Familien mit geringem Einkommen sind berechtigt, die Kosten für die Mittagsversorgung ihrer Kinder über staatliche BuT-Leistungen, die der Bund bereitstellt, in Anspruch zu nehmen. Die Bearbeitung dieser Anträge dauert in der Potsdamer Kommune jedoch mehrere Monate. Eine Zeit, in der die Familien nicht in finanzielle Vorleistung gehen können, machte Jörn Mensching aus der täglichen Arbeit klar.
Während die ersten Anträge aufzustehende Unterstützung noch nicht bearbeitet sind, den Familien kein Bescheid vorliegt, müssten sie jedoch bereits einen Folgeantrag stellen. „Das ist doch absurd und den Familien kaum zu erklären“, brachte Doreen Gierke, Sozialarbeiterin in der AWO Kita Kinderland im Schlaatz, ein. Hierbei waren sich die an diesem Nachmittag im Fischbowl Diskutierenden einig, dass dringend in der Organisation der Verwaltung nachjustiert werden müsse.
Chancenungleichheit und Bildungsungerechtigkeit, wie sie sich schon bei der mangelnden Essensversorgung zeige, begleitet die Familien, Kinder und Jugendlichen auch den weiteren Bildungsweg. Die Kosten für Schulmaterialien, die die meisten Schulen jährlich abfordern, können von vielen Familien nicht gedeckt werden. So sollte es Lehrmittelfreiheit an Schulen geben, damit Kinder und Jugendliche unabhängig von der finanziellen Situation ihrer Familien dieselben Voraussetzungen auf ihrem Bildungsweg haben.
Dass die Schule mit gleichen Bedingungen für alle Kinder und Jugendlichen als ein wichtiger Ort gestaltet werden muss, um die Demokratiebildung zu fördern, betonte Ulrike Reuter (Die Andere). In dieser Hinsicht müsse die Stadt und ihre Räume unter Einbeziehung der Bedürfnisse von Jugendlichen zudem gerechter verteilt werden. „Kinder und Jugendliche müssen mit einbezogen werden, damit sie sich nicht die Räume nehmen müssen, die vielleicht nicht die schönsten sind“ bekräftigte Antje Bensching (B90/Die Grünen).
Dass neben Kindern, Jugendlichen und Familien auch insbesondere Ältere und Alte von Armut betroffen und sie dadurch von gesellschaftlicher und kultureller Teilhabe ausgeschlossen sind, betonte Kristin Geschwänter von Kultür Potsdam. Dass neben der Subventionierung von Kultur auch Modelle in Betracht gezogen werden sollten, durch die diejenigen, die aus einer stabilen finanziellen Situation ganz selbstverständlich an Kultur teilhaben könnten, es auch jenen ermöglicht würde, für die das Erleben von Kunst und Kultur eine Ausnahme sei, regte Lars Eichert (CDU) an.
Was braucht es also, wenn Ideen da sind, selbst Beschlüsse vorliegen? In der Antwort darauf waren sich die Vertreter*innen der anwesenden Parteien einig: es dürfe nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben, sondern über parteipolitische Grenzen hinweg müsse gemeinsam an einem Strang gezogen werden - um die Situation für von Armut betroffene Menschen zu verbessern und die Glaubwürdigkeit als politisch Handelnde zu erhalten. Auch Angela Schweers sieht es als unabdingbar, „dass wieder gemeinsam geredet und dadurch etwas erreicht wird.“